Geriatrie

Im Mittelpunkt der Ausbildung im Fachbereich Geriatrie (Altersheilkunde) steht der alternde Mensch. Klienten dieser Altersgruppe leiden häufig unter komplexen Beeinträchtigungen ihrer Selbstständigkeit und Handlungsfähigkeit durch Mehrfacherkrankungen (Multimorbidität). Daher bestimmen ihre akuten oder chronischen Krankheitsbilder, hier mit Schwerpunkt auf den verschiedenen Demenzerkrankungen, beziehungsweise die Krankheitsfolgen die ergotherapeutischen Maßnahmen. Diese werden auch durch Veränderungen im sozialen Umfeld (z.B. Verlust des Lebenspartners) und der Wohnsituation (z.B. Umzug in ein neues Wohn- und Lebensumfeld) beeinflusst. Altersbedingte physiologische Funktionseinschränkungen stören das gesundheitliche Gleichgewicht, jede zusätzliche Störung oder Erkrankung ist somit eine erhebliche physische, psychische und soziale Belastung. Die Ergotherapie in der Geriatrie stellt sich diesen Besonderheiten. Hierbei werden meistens auch (pflegende) Angehörige einbezogen, beraten und angeleitet. Die Ergotherapie ist grundsätzlich klientenzentriert ausgerichtet ist. Für jeden einzelnen Patienten werden anhand der ärztlichen Diagnose und der ergotherapeutischen Befunderhebung (Anamnese) Wege der Behandlung und Beratung, auch zur Prävention (Intervention) verfolgt – immer mit dem Ziel größtmöglicher Selbstständigkeit und Lebensqualität.

Der Fachunterricht Geriatrie vermittelt einen guten Überblick über den gesamten ergotherapeutischen Tätigkeitsbereich dieses Arbeitsfeldes, wobei der Schwerpunkt bezüglich des Klientels auf der Behandlung von Menschen mit Demenz liegt und die Arbeit im Senioren- und Pflegeheim im Vordergrund steht.

 

Krankheitsbilder und Diagnosen

Demenzielle Erkrankungen (z.B. Morbus Alzheimer, vaskuläre Demenz), neurologische Erkrankungen (z.B. Schlaganfall, Parkinson, Multiple Sklerose), Altersdepression, degenerative und rheumatische Erkrankungen des Muskel- und Skelettsystems, akute Erkrankungen, wie Frakturen, Infektionen und Entzündungen und geriatrische Syndrome.

Auch bei älteren Patienten kann die ergotherapeutische Behandlung einer drohenden oder weiteren Schädigung vorbeugen (Prävention). Selbst bei einem schwerwiegenden Krankheitsverlauf kann sie alle Beteiligten unterstützen und den praktischen Umgang mit Beeinträchtigungen so fördern, dass sich insgesamt die Selbstständigkeit der Klienten, die Teilhabe am Leben und die Lebensqualität verbessert.

 

Therapieziele und Aufgaben

Bei ambulanten ergotherapeutischen Maßnahmen steht die Betätigungsorientierung in den Betätigungsbereichen Selbstversorgung, Produktivität und Freizeit im Vordergrund der Interventionen. Selbstständigkeitstraining (individuell an die Lebenssituation angepasst), Anleitung zur Selbsthilfe bei der Nahrungsversorgung, Körperpflege und Bekleidung, Haushaltsführung und Fortbewegung sowie Kommunikation für größtmögliche Unabhängigkeit sind hier wesentlicher Bestandteil klientenzentrierter Zielsetzungen. Ein wichtiger Bestandteil ist hier auch die Beratung und Anleitung der Angehörigen bei der Alltagsbewältigung, der Pflege sowie Wohnraum- und Hilfsmittelanpassung.

In der ergotherapeutischen Arbeit im Pflegeheim steht die Betätigungsorientierung im Bereich der Freizeitgestaltung im Mittelpunkt. Darüber hinaus werden schwerpunktmäßig kognitive und neuropsychologische Fähigkeiten, z.B. für bessere Orientierung im Heim und tagesstrukturierende Maßnahmen eingesetzt. Für Unterstützung und Erhalt der psychischen Stabilität im Grenzbereich zwischen Geriatrie und palliativer Versorgung gehören auch Erfahrungen mit schwerster Pflegebedürftigkeit (mit dem Ziel der Verhinderung von sensorischer Deprivation) sowie mit Sterben und Tod zum Berufsalltag der geriatrischen ergotherapeutischen Arbeit.

Behandlungsansätze und Methoden

Ein wesentlicher Bestandteil liegt hier in der Gestaltung eines positiven Beziehungsaufbaus zwischen Therapeut und Klient. Gerade in der Versorgung von Menschen mit Demenz muss dazu eine besondere Grundhaltung entwickelt werden und besondere Konzepte eingesetzt werden. Dazu gehören u.a. der personenzentrierte Ansatz nach Tom Kitwood, die Validationsformen nach Naomi Feil oder Nicole Richard sowie die verstehende Diagnostik von herausfordernden Verhaltensweisen.

Eingeschränkte alltagsrelevanten Handlungen der Klienten werden anhand ausgewählter Techniken und lebenspraktischer, biografieorientierter Mittel (z.B. Alltagsgegenständen) neu erlernt oder (be-)übt. Bedürfnisse und Wünsche werden deutlich. In Gruppen kann das Erleben von Gemeinschaft und sozialer Integration gefördert werden. Dazu kommen Medien wie Spielen, Singen und Musizieren, Rätseln, Erzählen usw. zum Einsatz.

Bei schwerbetroffenen und/oder bettlägerigen Klienten werden Konzepte wie Basale Stimulation und Therapeutisches Führen eingesetzt.

 

Tätigkeitsfelder

Senioren- und Pflegeheime (auch Einrichtungen im „Betreuten Wohnen“), Tagesstätten (auch Mehrgenerationenhäuser), Fach- und Rehabilitationskliniken, Praxen für Ergotherapie, Einrichtungen der Gerontopsychiatrie und Einrichtungen der sozialen, medizinischen Rehabilitation